Ein Brot nur für Allerseelen
Obwohl der tatsächliche Ursprung ein Rätsel ist, gibt es doch zahlreiche Theorien zur Seele. Die wahrscheinlichste stammt aus dem christlichen Glauben, der im Allgäu weit verbreitet ist und so manchen Begriff prägte. Demnach gibt das Museum der Brotkultur in Ulm an, dass es die Allgäuer Seelen früher nur zu Allerseelen ab. Zwar wird das Allerseelenfest erst seit 1006 gefeiert und Seelen gab es schon viel früher, aber der Ursprung des Feiertags liegt auch viel weiter zurück und entspringt einem alten Totenbrauch.
Das Volk glaubte, es müssen den Toten ein Opfer bringen – und zwar in Form von Nahrung. „Diese Allerseelenopfer wurden dann in Gaben an Arme und Kinder umgewandelt“, heißt es in einem Museumstext. Also vermutet man, dass der Name „Seele“ schlichtweg mit diesem Feiertag zusammenhängt.
Anderes erzählt eine Volksweisheit: Ein Bäcker hätte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges in Ravensburg das Gelübde abgelegt, jedem Bettler jedes Jahr zu Allerseelen ein Brot zu schenken, wenn die Pest an Ravensburg vorbeiziehen würde. Aus dem großzügigen Versprechen wurde aus schwäbischer Sparsamkeit die schlanke Seele. Brot ist Brot. Außerdem war die längliche Form praktisch, dann musste man bei der Übergabe an die Armen nicht so nahe ran.
Bei allen Spekulationen ist sich Dr. Rainer Jensch vom Stadtarchiv in Wangen sicher, dass der Begriff „Seele“ mit dem Seelbrot zusammenhängt, das über den Gräbern an die Armen verteilt wurde. Seine Unterlagen belegen, dass es im Mittelalter und der frühen Neuzeit viele Jahrtagsstiftungen in Wangen gab. „Die Gläubigen richteten eine Stiftung ein, damit sie sicher sein konnten, dass jemand für sie betete“, sagt der Wangener Stadtarchivar.
Zwar geriet die Verteilung des Seelbrotes in Vergessenheit, der Begriff „Seele“ aber blieb. Zum Glück. Das fand auch ein ehemaliger Wangener Bürgermeister und ließ auf dem alten Friedhof hinter der St. Martins-Kirche ein Denkmal für das Seelbrot errichten.